Zum Inhalt springen

Gutachten zum Diskriminierungsschutz veröffentlicht

Einer im April 2023 veröffentlichten Studie der Bertelsmann Stiftung zufolge befürwortet eine große Mehrheit in Deutschland stärkeres Handeln gegen rassistische Diskriminierung. Demnach gaben 70 Prozent der Befragten an, dass für die Gleichbehandlung von Menschen mit Migrationshintergrund und Menschen, die als fremd oder nicht weiß wahrgenommen werden, viel oder mehr getan werden sollte. 2008 noch waren es nur 43 Prozent. Um eine Bestandsaufnahme des Diskriminierungsschutzes in Hessen vorzunehmen und mögliche Bedarfe für ein LandesAntidiskriminierungsgesetz zu ermitteln, hat die Landesregierung, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, ein Gutachten zum (Landes)rechtlichen Diskriminierungsschutz in Hessen in Auftrag gegeben, das heute veröffentlicht wurde.

„Benachteiligungen, Hass und Gewalt haben in Hessen keinen Platz. Der staatliche Schutz vor Diskriminierung ist wesentlicher Bestandteil einer gelebten Vielfaltskultur und ist bundesrechtlich insbesondere im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz verankert. Zu gezielter Antidiskriminierungsarbeit gehört aber auch, den Bedarf für einen landesrechtlichen Diskriminierungsschutz zu ermitteln“, sagte Klose anlässlich der Publikation. Das von Prof. Alexander Tischbirek (Universität Regensburg) verfasste Gutachten untersucht, inwieweit die vier einschlägigen europäischen Antidiskriminierungsbestimmungen in Hessen umgesetzt sind: die Antirassismusrichtlinie, die Rahmenrichtlinie, die Genderrichtlinie und die Richtlinie (RL) 2004/113/EG. Ihre Geltungsbereiche variieren; so sind etwa das Beamtenrecht, das Sozialrecht, soziale Vergünstigungen, Bildung und der Zugang zu öffentlichen Gütern und Dienstleistungen betroffen.

Im Gutachten werden an einigen Stellen Wege für einen noch effektiveren Diskriminierungsschutz aufgezeigt. Im Beamtenrecht erfüllt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) die europäischen Vorgaben größtenteils. Im Bildungsrecht, im Bereich der sozialen Vergünstigungen und beim Zugang zu öffentlichen Gütern und Dienstleistungen gilt statt des Bundesgesetzes die Landesgesetzgebung, wo
laut Gutachten u.a. beim Ausschluss von mittelbarer Diskriminierung Anpassungsbedarf besteht. Hier wurden etwa das Hessische Gleichberechtigungsgesetz, das Behindertengleichstellungsgesetz, das Schulgesetz und das Hochschulgesetz beleuchtet. Auch im Bereich der Rechtsdurchsetzung wurde Änderungsbedarf ermittelt, zum Beispiel bei den Beteiligungsrechten von Antidiskriminierungsverbänden dort, wo das AGG nicht gilt. Die Empfehlung von Gutachter Prof. Tischbirek lautet, die betroffenen Gesetze entweder einzeln zu novellieren oder die Anpassungen in einem allgemeinen Antidiskriminierungsgesetz zusammenzufassen. Bundesweit ist derzeit Berlin das einzige Land mit einem umfassenden Landes-Antidiskriminierungsgesetz.

"Die durch das Gutachten gewonnen Erkenntnisse sind hilfreich, um weitere Schritte zu planen – nicht nur im Hinblick auf rechtlichen Diskriminierungsschutz, sondern auch unter Berücksichtigung von Beratungsbedarfen und ggf. weiterer erforderlicher Sensibilisierungs- und Präventionsmaßnahmen“, sagte Sozial- und Integrationsminister Klose. „Ein diskriminierungsfreies Miteinander und erfolgreiche
Antidiskriminierungsarbeit leben davon, Menschen mitzunehmen und zu überzeugen, um die notwendige Akzeptanz zu erzielen. Das Gutachten und der dort beschriebene Handlungsbedarf tragen dazu bei."

Hintergrundinformationen

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist im August 2006 in Kraft getreten. Es setzt im Wesentlichen vier EU-Antidiskriminierungsrichtlinien um. Als Bundesgesetz umfasst das AGG jedoch bestimmte Regelungsbereiche wie z.B. den Bildungssektor aufgrund der bundesstaatlichen Kompetenzordnung des Grundgesetzes nicht. Hier obliegt es den Ländern, die Vorgaben der EU-Richtlinien umzusetzen.

Antidiskriminierungsarbeit ist eine Querschnittsaufgabe, die in Hessen auf fünf Säulen fußt. Neben Beratung, Vernetzung und Öffentlichkeitsarbeit, bilden Prävention und Sensibilisierung einen Schwerpunkt. Strategisch ausgerichtet und gebündelt werden die Maßnahmen der Landesregierung i.d.R. von der Landesantidiskriminierungsstelle Hessen, die 2015 als Stabsstelle im Hessischen Ministerium für Soziales und Integration eingerichtet wurde . Sie fördert darüber hinaus zahlreiche Projekte, die zur Akzeptanzsteigerung beitragen, Ausgrenzung abbauen sowie von Diskriminierung Betroffene in der Wahrnehmung ihrer Rechte stärken.

Gutachten

Hier finden Sie das Gutachten: (Landes-)Rechtlicher Diskriminierungsschutz in Hessen – Aktuelle Rechtslage und Handlungsbedarfe von Prof. Dr. Alexander Tischbirek.

Weitere News und Termine

Bewerbungsfrist verlängert – Hessischer Preis für Lesbische Sichtbarkeit 2024

Die Nominierungsfrist für den „Hessischen Preis für Lesbische Sichtbarkeit 2024“ wird verlängert. Nominierungen sind bis zum 26. August 2024 [...]

Hessischer Preis für Lesbische Sichtbarkeit

Die Landesregierung schreibt zum dritten Mal den „Hessischen Preis für Lesbische Sichtbarkeit“ aus. Nominierungen ab sofort möglich.

Fachbeirat zum Hessischen Aktionsplan für Akzeptanz und Vielfalt konstituiert

Der 2017 beschlossene und im Juni 2023 weiterentwickelte „Hessische Aktionsplan für Akzeptanz und Vielfalt“ (APAV) ist der zentrale Baustein [...]

Hessischer Aktionsplan für Akzeptanz und Vielfalt 2.0

Der im Juli 2023 vorgestellte APAV 2.0 ist ein weiterer wichtiger Meilenstein in der Erfolgsgeschichte hessischer LSBT*IQ-​Politik. Unsere [...]